Der Satzspiegel


Als erfahrener Grafiker mit mehr als 20 Jahren Praxis im Bereich Design weiß ich um die entscheidende Rolle, die der Satzspiegel für die Wirkung eines Druckerzeugnisses oder Layouts sowohl auf dem Bildschirm als auch in gedruckter Form spielt. Eine sorgfältige Auseinandersetzung mit dem Satzspiegel zu Beginn des Gestaltungsprozesses ist daher von großer Bedeutung. Im Folgenden erläutere ich die verschiedenen Möglichkeiten und stelle kostenlose Vorlagen zum Download zur Verfügung.

Sicherlich kennen Sie beide Extreme – die Discounterwerbung, die auf dünnem, grauen Zeitungspapier bis an den Rand vollgequetscht ist mit Inhalten, und die elegante Broschüre im Querformat auf glänzendem Bilderdruckpapier, die auf viel freiem Raum für Luxusbäder wirbt.

Verschiedene Komponenten wie das gewählte Papier, die Haptik, sowie die Gestaltungselemente wie Schriften, Farben und Bilder, und nicht zuletzt die Menge an Freiraum innerhalb und außerhalb der Gestaltung beeinflussen maßgeblich die Wirkung des Designs.

Hinter jeder Gestaltung liegt der grundlegende Rahmen des Satzspiegels, sei es auf Papier oder dem Bildschirm, innerhalb dessen die visuelle Information präsentiert wird. Unabhängig davon, ob Sie sich bewusst mit ihm auseinandersetzen oder er zufällig entsteht – der Satzspiegel ist präsent und entfaltet seine Wirkung. Daher ist es stets ratsam, sich zu Beginn jeder Gestaltung Gedanken über die Größe und Platzierung dieses Rahmens, sprich des Satzspiegels oder der bedruckbaren Fläche, zu machen.

Satzspiegel-Arten

Übersicht der Satzspiegel-Methoden

Der Goldene Schnitt. Die ganz klassische Methode, deren Ursprung in der Renaissance liegt, nennt sich „Goldener Schnitt“. Das Seitenverhältnis des Goldenen Schnitts lässt sich für diverse Raumaufteilungen anwenden, so auch für die Bestimmung des Satzspiegels oder für die Papiergrößenwahl. Die Fibonacci-Zahlenreihe steht im engen Zusammenhang mit dem Goldenen Schnitt.

  1. Die Linienkonstruktion (auch: Diagonalkonstruktion)
    Bei der Linienkonstruktion arbeitet man mit Diagonalen, die auf den ersten Blick abschreckend mathematisch erscheinen, spätestens aber bei der dritten Anwendung aus dem Ärmel geschüttelt werden und eine gute Alternative zum Goldenen Schnitt darstellen.
  2. Die einfache Zahlenreihe
    Hier dient die Zahlenreihe 2:3:4:5 oder 2:3:4:6 als Hilfe, mit der die Proportionen der Stege definiert werden.
  3. Die Neunerteilung
    Die Neunerteilung ist ein weiteres probates Mittel, mit der man schnell und einfach zum Ziel kommt, allerdings ist das Ergebnis nicht ohne Weiteres skalierbar.

Grundlagen des Satzspiegels

Ein Gefühl von räumlicher Mitte und Ausgewogenheit entsteht, wenn mehr Weißraum unterhalb von Objekten platziert wird als oberhalb. Somit liegt die empfundene harmonische optische Mitte immer leicht über der berechneten Mitte. Diese Erkenntnis berücksichtigen wir bei jeder Konstruktionsart.

Der Satzspiegel einer Einzelseite ist in der Regel horizontal mittig ausgerichtet. Bei mehrseitigen Dokumenten ist es wichtig zu bedenken, dass der Leser immer zwei Seiten gleichzeitig betrachtet. Daher wirkt der freie Raum innen, auch bekannt als Innenbund oder Innensteg, doppelt. Bei doppelseitigen Dokumenten wird der Innensteg daher etwa halb so breit wie der Außensteg angelegt. Zusätzlich spielen der Kopfsteg, der Freiraum über der bedruckten Fläche, sowie der Fußsteg am unteren Rand eine Rolle.

Aufbau Satzspiegel
Aufbau Satzspiegel

Der Goldene Schnitt, als Proportionsgesetz, begegnet uns in der Architektur, Malerei, Bildhauerei und der Natur, indem er uns bei der harmonischen Aufteilung und Unterteilung von Flächen und Strecken unterstützt. Interessanterweise basiert auch das Verhältnis von Klein- zu Großbuchstaben in vielen Schriftarten auf dem Goldenen Schnitt. Bei diesem Verhältnis steht die kleinere Strecke zur größeren in demselben Verhältnis wie die größere zur Gesamtstrecke.

Die Fibonacci-Zahlen, eine Zahlenfolge, stehen in engem Zusammenhang mit dem Goldenen Schnitt und dienen als Basis für die Satzspiegelfindung nach den „göttlichen Proportionen“. Die Folge lautet 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34 usw. – wobei jede Zahl der Folge durch die vorherige addiert wird, um die nachfolgende zu erhalten. Zum Beispiel wird 5 durch Hinzufügen von 3 zu 8 erreicht.

Wenn wir diese Zahlenreihe auf einen doppelseitigen Satzspiegel anwenden, dient sie nicht direkt zur Definition des Satzspiegels, sondern zur Festlegung der Stege und der daraus resultierenden Proportionen des Satzspiegels.

Der Innenbund ist in der Regel am kleinsten, danach wächst die Größe des Bundes bei einer rechten Seite im Uhrzeigersinn und bei einer linken Seite gegen den Uhrzeigersinn. Übertragen wir die Zahlenreihe auf die Steggrößen, ergeben sich 2 Einheiten für den Innensteg, 3 Einheiten für den Kopfsteg, 5 Einheiten für den Außensteg und 8 Einheiten für den Fußsteg. Die Größe der Einheiten ist hier frei wählbar und hängt von der Menge des Inhalts, dem Produkt und der Zielgruppe ab.

Satzspiegel nach goldenem Schnitt
Satzspiegel nach goldenem Schnitt
Satzspiegel mit diagonalen Variante B

Satzspiegel mit diagonalen Variante B

Satzspiegel mit der Linienkonstruktion
Mittels dieser Methode entsteht ein Satzspiegel durch diagonale Linien, wobei die Endgröße variabel ist. Beginnen Sie, indem Sie zwei Diagonalen über die Doppelseite ziehen. Anschließend zeichnen Sie jeweils eine Diagonale innerhalb jeder Einzelseite, beginnend von außen unten und verlaufend nach innen oben. Für den linken oberen Startpunkt des Satzspiegels wählen Sie einen beliebigen Punkt auf der rechten Einzelseitendiagonale. Verfolgen Sie diesen Punkt mit einer horizontalen Linie nach rechts, bis Sie auf die Doppelseitendiagonale stoßen. Von dort setzen Sie die Reise senkrecht nach unten fort, bis Sie erneut auf die Einzelseitendiagonale treffen. Schließen Sie das Rechteck dann mit einer horizontalen Linie. Dies mag zunächst komplex klingen, wird jedoch durch die unten stehende Illustration schnell verdeutlicht.

Satzspiegel mit Hilfe von Diagonalen

Satzspiegel mit Hilfe von Diagonalen

Die Größe des Satzspiegels lässt sich jederzeit verändern, indem Sie den linken oberen Startpunkt auf der rechten Einzelseitendiagonale nach oben oder unten verschieben. Eine Verschiebung nach oben lässt den Satzspiegel – unter Beibehaltung der Proportionen – größer werden, während eine Verschiebung nach unten ihn verkleinert.

Alternative:
Wenn Sie Hilfe bei der Größe benötigen, können Sie eine weitere Linie einsetzen, die Sie auch bei dieser Entscheidung unterstützt: Starten Sie, nachdem alle vier Diagonalen erstellt wurden, eine senkrechte Linie an dem Punkt, an dem sich die Einzelseitendiagonale und die Doppelseitendiagonale kreuzen und ziehen Sie diese nach oben bis zum Seitenrand. Dort lassen sie eine weitere Linie starten, die bis zum Kreuzungspunkt der anderen Seite verläuft. Dadurch entsteht ein neuer Kreuzungspunkt, und zwar zwischen der letzten Linie und der Einzelseitendiagonale – und das ist unser linker oberer Startpunkt für das Satzspiegelrechteck.

Satzspiegel mit diagonalen Variante B

Satzspiegel mit diagonalen Variante B

Satzspiegelgestaltung mit Zahlenreihen

Durch die Verwendung der Zahlenreihen 2:3:4:5 und 2:3:4:6 lässt sich auf einfache Weise die Größe der vier Bünde festlegen. Dabei wird das Verhältnis von Papierbreite und -höhe jedoch außer Acht gelassen. Trotzdem bietet die Nutzung dieser beiden Zahlenreihen oft eine schnelle und ansprechende Lösung.

Satzspiegel mit einfacher Zahlenreihe
Satzspiegel mit einfacher Zahlenreihe

Gestaltung des Satzspiegels mit Neunerteilung

Bei der Neunerteilung erfolgt eine Unterteilung der Breite und Höhe der Seite in jeweils neun Felder. Dabei bleibt jeweils ein Feld am oberen und inneren Rand frei, während außen und unten jeweils zwei Felder freigelassen werden. Ein Nachteil dieser Methode ist die nicht skalierbare Stegbreite bei einer relativ kleinen und somit festen Satzspiegelgröße.

Satzspiegel mit neuner Einteilung

Das Gestaltungsraster

Während der Satzspiegel und die Stegbreiten die äußeren Ränder vorgeben, bleibt innerhalb des Satzspiegels oft noch eine leere Fläche. Insbesondere bei umfangreichen Projekten mit detaillierten Inhalten oder mehrseitigen Dokumenten ist eine Struktur innerhalb des Satzspiegels notwendig – das Gestaltungsraster.

Das Raster unterteilt die Fläche des Satzspiegels horizontal und vertikal in Rasterfelder und dient der Organisation von Texten und Bildern.

Horizontale Unterteilung

Beginnen wir mit der horizontalen Unterteilung, die durch ein Spaltenraster entsteht. Dieses unterteilt den Text in mehrere Spalten, einschließlich des Zwischenschlags zwischen den Spalten. In diesem Beispiel arbeiten wir mit einer Papierbreite von 200 mm und einem Satzspiegel mit einer Diagonalkonstruktion. Die resultierenden Maße des Satzspiegels betragen

161 x 224,5 mm.


Die Satzspiegelbreite wird in drei Textspalten unterteilt, wobei jede Spalte eine Breite von 50,3 mm und einen Zwischenschlag von 5 mm aufweist.

Rasterzellen im Gestaltungsraster

Rasterzellen im Gestaltungsraster

Vertikale Gliederung

In der Vertikalen wird die Höhe des Satzspiegels zunächst durch die Spaltenhöhe bestimmt, die ein Vielfaches des Grundlinienrasters, also des Zeilenabstands des Fließtexts, sein sollte. Diese Höhe wird nun ihrerseits unterteilt, um Zellen zu schaffen. Die Zellenhöhe orientiert sich üblicherweise an der Zellenbreite und strebt ein harmonisches Querformat an. Oft dient auch das kleinste Bildformat als Richtlinie für die Größe der Zellen. Dabei muss die Zellenhöhe so gewählt sein, dass mehrere Zellen exakt an der unteren Kante des Satzspiegels enden – die Höhe des Satzspiegels ist somit stets ein Vielfaches der Rasterzellenhöhe.

Rasterzellen

Die entstandenen Zellen füllen die Fläche des Satzspiegels vollständig aus und unterstützen uns im Hintergrund bei der Platzierung von Objekten sowie bei der Festlegung von Größen. Bilder oder Kästen bewegen sich nun in Schritten von Rasterzellen; das kleinste Bild oder der kleinste Kasten entspricht dabei der Größe einer Rasterzelle, während größere Bilder stets Vielfache der Rasterzellen sind. Allgemein gilt: Je kleiner die Zellen, desto flexibler gestaltet man, aber die Verteilung der Objekte kann auch chaotischer werden. Bei zu kleinen Rasterzellen verliert das Raster seinen Nutzen.

Rasterzellen im Gestaltungsraster

Rasterzellen im Gestaltungsraster

Ein konkretes Beispiel illustriert die Berechnung des Satzspiegels und zeigt, dass nicht immer millimetergenau gerechnet werden muss. Flexibilität bei der Gestaltung des Satzspiegels samt des Gestaltungsrasters ist hier entscheidend. Wir gehen von folgenden Annahmen aus:

Papierformat: 200 x 280 mm
Fließtext: 9 Punkt Schriftgröße, 12 Punkt Zeilenabstand
Nach den zuvor vorgestellten Satzspiegel-Entwürfen beträgt die geplante Satzspiegelhöhe im Beispiel zwischen 210 und 230 mm. Nach der Linienkonstruktion ergibt sich eine Höhe von 225 mm.

Teilen wir diese Höhe von 225 mm durch die 12 Punkt des Grundlinienrasters (4,236 mm), erhalten wir 53,11. Da wir ein exaktes Vielfaches unseres Grundlinienrasters benötigen, runden wir auf 53 Zeilen ab und verkleinern die Satzspiegelhöhe auf 53 * 4,236 = 224,5 mm.

Mit 53 Zeilen bieten sich 6 Rasterfelder zu je 8 Zeilen plus einer Zeile Zwischenraum an. Das ergibt 6 Rasterfelder * 8 Zeilen = 48 Zeilen plus 5 Zeilen Zwischenraum = 53 Zeilen = 224,5 mm.

Zwischenfazit: Für unsere Seite haben wir nun folgende Werte errechnet:

Raster: 6 Rasterfelder zu je 8 Zeilen
Aufteilung: 53 Zeilen zu je 12 Punkt
Effektive Satzspiegel-Höhe: 224,5 mm
Wie groß sind nun der Kopf- und der Fußsteg? Dies ergibt sich aus folgender Rechnung:

280 mm (Papierhöhe) – 224,5 mm (Satzhöhe) = 55,5 mm übrig für den Kopf- und den Fußsteg.

Die Stegproportionen nach Fibonacci: 55,5 mm / 8 * 5 = 34,7 mm für den Fußsteg; 20,8 mm für den Kopfsteg. Alternativ übernehmen wir die Stegproportionen der Linienkonstruktion, bei der sich 37,1 mm für den Fußsteg und 18,4 mm für den Kopfsteg ergeben.

Kopfsteg: 18,4 mm
Fußsteg: 37,1 mm

Erstellung eines Gestaltungsrasters in InDesign

In Adobe InDesign wird der Satzspiegel durch die Festlegung der Stegbreiten, auch Ränder genannt, definiert. Diese Eingabe erfolgt entweder direkt zu Beginn bei der Erstellung der Datei oder nachträglich, wenn die Datei bereits geöffnet ist. Es ist wichtig darauf zu achten, welche Seiten gerade aktiv sind, wenn der Dialog geöffnet wird, da nur die Stege der geöffneten Seiten verändert werden!

Für die Einstellung aller Seiten im Dokument kann man in der Seitenpalette durch einen Doppelklick auf eine Musterseite springen. Bei einem doppelseitigen Dokument sollte auch die zweite Musterseite aktiviert werden, bevor der Dialog für die Eingabe der Ränder über das Menü Layout > Ränder und Spalten geöffnet wird.

Generierung von Rastern in InDesign

Die Rasterfelder selbst können mithilfe von Hilfslinien erzeugt werden. Alternativ dazu kann man helle Rechtecke erstellen, die am besten auf einer separaten Ebene platziert und dann gesperrt werden. Dadurch können sie jederzeit als Platzierungshilfe eingeblendet und für die Vorschau ausgeblendet werden.

 

Vorlagen für Satzspiegel

Da die Erstellung des Satzspiegels gerade für Einsteiger nicht immer einfach ist, haben wir einige Vorlagen in verschiedenen Berechnungsarten als InDesign-Datei für Sie erstellt. Diese können Sie hier kostenlos herunterladen. Die Eckdaten der Vorlagen sind:

  • Im Format DIN A4
  • Im Format 200 x 280 mm
  • Je nach Art des Satzspiegels auch in zwei Größen

Spezielle Fälle

Unter bestimmten Umständen müssen sich der Satzspiegel und das Gestaltungsraster an vorgegebenen Maßen orientieren. Dies tritt in der Regel auf, wenn Teile des Inhalts fixe Maßvorgaben haben, wie es bei Anzeigen der Fall ist. In solchen Fällen muss der Gestalter beispielsweise eine Anzeige mit festen Breite und Höhe in seinen Satzspiegel integrieren. Idealerweise entspricht das kleinste Anzeigenformat einer Rasterzelle, und größere Anzeigen entsprechen mehreren Rasterzellen. In der Praxis ist es jedoch oft umgekehrt, und die Rasterzellen müssen sich den Höhen- und Breitenverhältnissen der Anzeige anpassen.

Es ist ratsam, vor dem Generieren des Satzspiegels und des Gestaltungsrasters die möglichen Größen der Anzeigen zu klären. Die Proportionen einer Rasterzelle müssen nicht zwangsläufig denen der Anzeige entsprechen. Eine quadratische Anzeige kann beispielsweise aus 2 x 3 Rasterfeldern bestehen. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, mit kleinen Rasterzellen zu arbeiten, um flexibler zu sein.

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